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SugarGlider.de | Haltungsberichte | Streit in der Gruppe, Teil II
Das gleiche Erlebnis wie beschrieben hab ich auch bei einer guten Bekannten beobachten können. Sie hatte ein männliches, älteres Notfalltier in ihre Gruppe integriert. Problem: Der bereits vorhandene Rudelführer fand die Sache gar nicht spaßig. Jemand dringt in sein Revier ein, vergreift sich an seinem Futter (was für ihn und seine Gruppe gedacht ist) und zu allem Überfluss bändelt er auch noch mit den Weibchen an.
Folge: Heftige Auseinandersetzungen.
Hierbei bleibt es nicht immer nur bei lautstarkem Gekeife, wie es im obigen Fall oft vorkommt (neben den mentalen Folgeschäden). Der "Boss" greift den Zuwachs auch handgreiflich an, um ihm sofort klar zu machen, dass er sich ganz hinten an zu stellen hat. Dabei hat das vorhandene Männchen auch die besseren Chancen. Denn der neue hat eine fremde Umgebung, fremde Gerüche, fremde Geräusche und weiß eh meistens noch nicht wie ihm geschieht, wenn er das erste Mal vom Boss attackiert wird. Diese Überrumplungstaktik funktioniert – leider oder Gott sei dank.
Leider, wenn das Männchen nachdem es sich eingelebt hat auf die Idee kommt sich erneut mit dem Boss anzulegen. Es sich an den Mädels vergreift oder aber nicht auf sein Futter warten will. Das führt zu einer Dauerbelastung der Gruppe. Gott sei dank, wenn das neue Männchen die Rangfolge damit für geklärt hält und akzeptiert. Hier sei noch einmal erwähnt, dass diese Auseinandersetzungen sehr heftig werden können. Wenn das neue Männchen nicht an Dominanz gewöhnt ist und der Boss sich aus einem halben Meter Entfernung laut brüllend mit gewetzten Krallen auf ihn stürzt (die Chancen dafür stehen mehr als gut) wird es nicht mit "stillhalten und markieren lassen" reagieren, sondern es wird sich genauso heftig verteidigen. In dem o.g. Fall ist es noch heute so, dass der sehr dominante Rudelführer dem dazugezogenen Männchen – obwohl es deutlich älter ist – fast nichts erlaubt. Kommt er anderen Gruppenmitgliedern mit "Markierungsverhalten" reagiert es sofort ungehalten und selbst beim Futter ist der Zuwachs der letzte, der an den Napf darf. Der Boss achtet streng darauf, dass erst alle anderen Mitglieder etwas bekommen haben, bevor der "neue" sich selber verköstigen darf.
Wo es oft ohne Probleme funktioniert, mehrere Männer friedlich in einer Gruppe zu kombinieren sind:
Selten höre ich einmal von Gruppen, in denen andere Kombinationen wirklich auf Dauer problemlos (siehe der beiden angesprochenen Fälle) sind.
Ein anderer Grund für Zoff in einer Männergruppe ist aber auch noch das vorhanden sein der Weibchen. Wie im echten Leben. Drei Junggesellen die bisher friedlich in einer WG gelebt haben, können (Besser: werden) zu Berserkern werden, wenn plötzlich ein bildhübsches (und bereitwilliges) Mädel mit einzieht. Ob die bisher vorherrschende, eher lapidare, Rangfolge weiterhin bestehen bleibt ist sehr fragwürdig. Wie weit diese Kämpfe gehen werden und ob sie sich jemals richtig beschwichtigen lassen werde steht in den Sternen. Wer solch eine Situation bewusst provoziert, der muss fest mit der Möglichkeit von verwundeten und zerstrittenen Tieren rechnen. Ein Selbstzerstörungskommando, was kein verantwortungsvoller Halter in Kauf nehmen sollte.
Siehe: Rangordnungskonflikte in einer gewachsenen Gruppe
Auch das kann zu Ärger in der Gruppe führen, denn jedes Tier riecht. Vor allem wenn es sich wie bei den Sugar Glidern um Tiere handelt, die Duftdrüsen besitzen und deren Natur es ist, Gruppenmitglieder und Revier zu markieren. Dabei ist es für unsere menschlichen Nasen nicht einfach, den Geruch eines Weibchens und den eines Männchens zu unterscheiden. Die Glider selber können das aber durchaus, auch wenn etwas (Luft-)Raum dazwischen liegt. So kann es zum Beispiel bei zwei nebeneinander liegenden Käfigen mit getrennt geschlechtlichen Gruppen auch dann zum Streit kommen, wenn die Männer die Weibchen riechen und nicht an sie heran kommen. Das Sexualverhalten liegt in den Instinkten, und einmal ausgelöst ist es nicht mehr zu stoppen. Vergleichbar mit dem "Falschen Eunuchen", der sich in den Harem schmuggelt. Selbst bei getrennten Zimmern und einer offen stehenden Tür kann es bei der passenden Luftzirkulation schon Streit geben, wenn die Männer wollen, aber halt nicht können. Etwas anders sieht es aus, wenn mehrere gemischte Zuchtgruppen in einem Raum sind. Damit habe ich bisher nur recht positive Erfahrungen gesammelt. Lediglich wenn ein Tier einer anderen Gruppe sich am Käfig einer anderen verklettert wird die Lage etwas brenzliger.
Nicht nur Rangordnungskämpfe sind ein Grund für den Zerfall einer Gruppe. Ein Beispiel aus meinem eigenen Erfahrungsschatz:
In einem relativ kleinen Übergangskäfig (1,20m hoch, 1m breit, 40 cm tief) hielt ich eine Gruppe von 6 Tieren. Das Elternpaar und 4 Jungtiere, wobei 2 davon gerade den Nistkasten verlassen hatten, als der Streit entfachte.
Da die Tiere in einem weit abseits gelegenen und auch mit guten Türen versehenen Raum standen, fiel der erste Zwist gar nicht auf. Zwar drangen nachts mal kleine Streitereien nach oben, aber das war für mich noch im normalen Rahmen. Ich trennte mich zu dieser Zeit von meinem Partner und überlies die Tiere seiner Obhut, bis ich sie zu mir nachholen konnte.
Dumm genug, denn abends Futter reinstellen ist nicht alles. Erst als abends ein Tier mit einer kahlen Stelle am Kopf (Weibchen) auftauchte bei dem es sich eindeutig nicht um Haarausfall handelte, wurde dieser Streit bemerkt. Beobachtungen ergaben zwei ziemlich verängstigte Tiere, wobei das verletzte Weibchen sich fast nichts mehr traute und vor allem einen großen Bogen um die Futterstelle machte. Und dafür gab es auch seinen Grund. Zu allem Überfluss war das verletzte Weibchen reichlich schwach auf den Beinen. Es kletterte kaum noch, nicht wegen fehlender Motivation, sondern weil es ganz offensichtlich Schwierigkeiten mit der Motorik hatte und sehr schwach war.
Da es offensichtlich Streit um das reichlich vorhandene Nahrungsangebot gab, wurden zwei getrennte Futterstellen eingerichtet. So konnte jeder an einen unbewachten Napf ausweichen und der Besetzer des einen Napfes konnte nicht gleichzeitig noch den zweiten verteidigen. Ziemlich schnell waren die Streitigkeiten wieder beseitigt. Anders die Schäden des Weibchens. Hier musste dem verstörten Tierchen erst einmal jeden Abend per Hand etwas Futter verabreicht werden, vornehmlich weichere Sachen und Mehlwürmer. Nur langsam kehrten Kräfte und Lebenswille ohne körperliche Folgen wieder zurück. Selbst heute ist dieses Weibchen noch deutlich zurückhaltender, als der Rest der Gruppe. Ursache für den Streit war einzig und allein das Vorhandensein nur einer Futterstelle. Deshalb ist es besonders wichtig, bei größeren Gruppen mit mehreren Futterplätzen zu arbeiten. Ob die Schale auf einem Sitzbrett steht oder dem Boden, ist dabei egal. Vor allem bei Lebendfutter und Leckersachen sollte darauf geachtet werden, dass kein Neid und kein besitzergreifendes Verhalten ans Licht kommt. Heuschrecken möglichst einzeln an die Tiere geben, Mehlwürmer in einem Napf, der groß genug ist, um mehreren Tieren gleichzeitig den Zugang zu ermöglichen. Obst aus zwei getrennten Schalen zur Verfügung stellen, nicht in einer einzelnen – möge die auch noch so gut gefüllt sein!
Interessant: Die Macke des Weibchens im Haarkleid ist wieder vollkommen verheilt. Allerdings war es eine Stelle (Stirn) genau zwischen dem dunklen Streifen und dem grauen Fell. Statt das Fell farblich normal zu entwickeln, wurde auch die ehemals graue Partie wieder mit dunklem Fell gefüllt. Ein süßer, optischer Makel.
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