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SugarGlider.de | Haltungsberichte | Selbstverstümmelung, Teil II
Selbstverstümmelung - selbst zugefügte Verletzungen beim Sugar Glider Einzeltier, Teil II
Ursachen für eine Selbstverstümmelung
- Bisse in den Bereich der Genitalien bzw. vom Schwanzansatz deuten oftmals darauf hin, dass etwas mit dem Kot oder Urin nicht in Ordnung ist. Der Bereich sollte deshalb genauestens auf Schwellungen und Infektionen (optische) untersucht werden. Ist rein augenscheinlich keine Ursache (bis auf die zugefügte Schwellung durch die Bearbeitung) vorhanden sollte auf jeden Fall beim Tierarzt eine Untersuchung auf Parasiten im Stuhl bzw. Urin (Blasenentzündung, Leberwerte) vorgenommen werden. Auch nicht sichtbare Parasiten können einen extremen Schmerz oder Juckreiz auslösen, den die Tiere natürlich als unangenehm empfinden und beseitigen wollen. Beobachten Sie das Tier. Wann beißt es sich?
- Bisse im Bereich Unterleib. Speziell Beine, Füße, Schwanzansatz. So hörte ich von einem Fall in dem eine junge Glidermutter durch eine Unterversorgung an Calcium in der Schwangerschaft an "Hinterbeiparalyse" erkrankte. Das heißt, die hinteren Beinchen waren gelähmt. Das Weibchen kam damit nicht zurecht und probierte sich selber die Füße zu amputieren. Hier ist es besonders wichtig, erst einmal die Ursache zu beheben. Sinnvoll ist es, in Absprache mit einem Tierarzt, spezielle Aufbaupräparate für Katzen auf sehr hoher Calciumbasis einzusetzen – lebenslänglich. Dadurch kann zumindest eine Verbesserung erreicht werden.
- Amputation verletzter Hautstellen / Körperteile. Auch eine bereits behandelte Erkrankung kann noch ganz schön unangenehm sein. War die Haut verletzt und z.B. entzündet, dann tritt bei der Regeneration ein starkes Jucken auf, was Tiere immer wieder dazu reizt diese Stelle erneut zu bearbeiten. Das kann durch penetrantes Waschen (Lecken) sein, aber auch durch leichte bis schwerere Bisse, die natürlich die Wunde weiterhin reizen und alles verschlimmern statt verbessern. Wichtig ist hier die Ursache der Verletzung zu kennen und besonders auf hygienische Bedingungen zu achten.
- Zwar keine Selbstverstümmelung, aber trotzdem auszuschließen ist das Zufügen von Wunden durch Gruppenmitglieder. Auch wenn es nicht sofort auf den ersten Blick erkennbar ist, können Streitigkeiten innerhalb einer Gruppe (z.B. bei Männchen um den Platz in der Gruppe, bei Weibchen um Nachwuchs) vorkommen. Das heißt nicht, dass sie sich den ganzen Tag oder die ganze nacht handgreiflich attackieren müssen. So kann es z.B. vorkommen, dass ein Rudelführer ein anderen Männchen angreift, wenn es an den Futternapf will. Ich kenne z.B. einen Fall, da ist ein neu dazu gekommenes Männchen das letzte Mitglied, was ans Futter darf. Der Rudelführer sorgt – notfalls handgreiflich – dafür, dass alle anderen Gruppenmitglieder vor ihm ans Futter dürfen.
- Nicht immer müssen körperliche Fehler vorhanden sein. Das beweist der angesprochene Fall "Impuls". Auch Verhaltensstörungen oder erbliche bedingte Schäden (z.B. durch Inzucht) können zu einer Selbstverstümmelung führen.
Seelische Ursachen können unter anderem sein: Vereinsamung (Einzelhaltung), fehlen menschlicher Nähe (Bezugsperson), zu wenig Entfaltungsmöglichkeiten (kleiner Käfig, wenig/kein Freilauf, Käfig nicht artgerecht eingerichtet), Ausschluss bzw. Benachteiligung durch Gruppenmitglieder (Außenseiter), Langeweile (kein Spielzeug, keine Abwechslung), Hygiene (gammelige Futterreste etc. die zum Unwohlsein beitragen).
Erblich bedingte Schäden sind oftmals auf Inzucht zurück zu führen und schlichtweg ein genetischer Defekt, der zu dem Zwang führt sich selber zu verletzten. Dabei spielt in diesem Zusammenhang oftmals eine Abwehrschwäche für Krankheiten mit hinein.
- Bei Männchen ist eine Infektion am Penis in betracht zu ziehen. Und zwar nicht nur an der Spitze, sondern auch im "eingefahrenen" Teil. Hier hilft oftmals nur gutes beobachten des Verhaltens (übertriebenes putzen, ausgefahrener Penis) bevor man sich an dem Tier vergreift und von einem Fachmann (Tierarzt) den kompletten Penis untersuchen lässt. Liegen Verletzungen im unteren Teil vor (Kratzer), muss das natürlich behandelt werden. Doch auch Haare und Dreck am Penisschaft können zu unangenehmen Entzündungen führen.
- Äußere Parasiten. Auch wenn die Hygiene stimmt, können sich schon einmal still und heimlich ein paar kleinere Parasiten einschleichen. Angefangen von Flöhen bis hin zu hinterhältigen Grabmilben. Mir ist zumindest ein Fall bekannt, in dem sich über schlecht gewordenes Heu Flöhe in den Gliderkäfig geschlichen haben. Das ganze ist aufgefallen, als die Tiere sich übermäßig stark kratzten. Fast alle Tierarten reagieren bis zu einem gewissen Maß allergisch auf Flostiche, ähnlich wie wir auf Mücken. Diese großen Parasiten sind mit bloßem Auge recht schnell zu orten. Milben hingegen sind sehr selten sichtbar. Kahle Stellen im Fell, leichte Verschorfungen und Juckreiz legen zumindest eine Untersuchung nahe. Bei einfachen Milben kann man bei genauer Betrachtung ev. kleine weiße Pünktchen auf der Haut erkennen. Hinterhältigere Arten wie die Grabmilbe hingegen bewegen sich unter der Haut und müssen dementsprechend auch innerlich behandelt werden. Hier sollte ein Tierarzt zu rate gezogen werden.
- Pilzbefall. Bisher ist mir bei Sugar Glidern noch kein Fall bekannt, aber auszuschließen ist das ganze nicht. Kahle Hautstellen mit Rötungen und Verschorfungen können durchaus durch Pilzbefall entstehen. Das kann einmal durch fehlende Hygiene, aber auch durch Überträger (z.B. Berührung eines Befallenen Tieres ohne sich die Hände zu waschen und dann an ein anderes Tier zu gehen). In diesem Fall ist eine Trennung von der Gruppe notwendig, weil Pilz
immer ansteckend ist. Notfalls muss die ganze Gruppe prophylaktisch mitbehandelt werden.
Der Tierarzt kann eine Pilzkultur anlegen. Allerdings weiß ich aus anderen Tierbereichen, dass solche Kulturen selten aussagekräftig und korrekt vom Ergebnis her sind. Deshalb sollten Salben gegen Pilz eingesetzt werden.
Denkweise des betroffenen Sugar Gliders und Hilfe durch den Halter
Fast nie reagieren solche Sugar Glider positiv auf die menschliche Unterstützung in einer gesundheitlich schlechten Phase. Sie sehen nichts außer den Schmerz, den sie zu diesem Zeitpunkt erleiden und den sie – notfalls durch Selbstverletzung – beseitigen wollen. Das heißt für den Halter, dass die Tiere ständig unter Beobachtung gehalten werden und im Falle einer erneuten Attacke vor sich selbst beschützt werden müssen. Rechnen Sie deshalb damit, dass auch der ansonsten sanfteste Glider in seiner Verzweiflung ordentlich zubeißen kann – was in dem Moment nicht gegen Sie als Mensch gerichtet ist.
Der E-Collar / Schutzkragen
Wichtig: Auch wenn es in Deutschland nur bei Hund und Katze üblich ist: Der "Kragen" oder "Trichter" ist ein sinnvolles und einfaches Mittel, auch Kleintiere davon abzuhalten an juckende Wunden ihres Körpers zu gelangen. Die Aussage "die gibt es nicht in dieser Größe" zeugt lediglich von Inkompetenz. Leider höre ich so was selbst bei Kaninchen (also Katzengröße) des öfteren. Sicherlich muss man sich vielleicht bei einigen Lieferanten erkundigen, aber zu bekommen sind sie mit etwas Einsatz immer. Notfalls muss man halt etwas Geschick an den Tag legen und selber etwas ähnliches basteln. Das Prinzip ist sehr simple und kann an größeren Objekten abgeschaut werden.
Die Internetadresse Gliderhealth (US) ist eine sehr gute amerikanische Seite, die sich mit diesem Thema beschäftigt. Dort sind auch Bilder des "Kragens" (e-collar) zu finden.
Bei diesen Trichtern muss man darauf achten, dass die anderen Tiere keine "Hilfestellung" geben und probieren den Trichter zu entfernen. Zum Fressen sollte das teil unter Beobachtung abgenommen werden. Gesellschaft ist für betroffene Tiere sehr, sehr wichtig. Deshalb sollten sie nur bei Ansteckungsgefahr einzeln gesetzt werden.
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