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SugarGlider.de | Haltungsberichte | Kannibalismus - Tote Jungtiere, Teil I
So traurig dieses Kapitel auch ist wird es jeder der hobbymäßig oder größer züchtet irgendwann einmal erleben. Bei Sugar Glidern kann es vorkommen, dass eins der Babys verschwindet und wenn überhaupt als Skelett wieder auftaucht. Die Ursachen dafür sind vielseitig. Schwache und kranke Jungtiere, Mütter die nicht genügend Milch bilden um ihre Jungen ausreichend zu versorgen - aber auch reine Rivalität untereinander. Oft ist ein abschließendes Klären der Situation nicht möglich. Das ganze hat nichts damit zu tun, dass die Eltern "lieblos" sind - im Gegenteil, es gibt kaum bessere Eltern als Sugar Glider.
Die toten Jungtiere werden vom Rest der Gruppe gefressen. Es mag solange grausam erscheinen, bis man an zwei Sachen denkt. Erst einmal sind Sugar Glider auch Fleischfresser und zweitens lockt ein Leichnam in der freien Natur Feinde an. Das Nest und die nähere Umgebung muss gesäubert werden um nicht selbst Opfer zu werden!
Sugar Glider sind Beuteltiere und haben somit keine "normale" Geburt. Bei vielen Tierarten kommt es aus den unterschiedlichsten Situationen unmittelbar nach dem Geburtsvorgang zu einer Tötung der Neugeborenen, die zuvor sicher im Bauch verwahrt waren. Jungtiere unserer Possums haben oft ein gewisses Alter erreicht, wenn sie sterben oder verlassen werden. In den 10 Wochen im Beutel der Mutter entwickeln sie sich körperlich und geistig weiter. Wenn sie den Mutterbeutel verlassen dürfen sind sie bereits recht groß und aufmerksam. Für uns Halter macht es mental einen gewaltigen Unterschied ob Jungtiere als Frischlinge von den Zitzen verschwinden oder nachdem sie bereits alleine im Nest zurück bleiben dürfen. Beim Menschen wäre es in etwa der Unterschied einer Totgeburt zum plötzlichen Säuglingstod. Beides ist grausam, aber der plötzliche Tod eines älteren Säuglings trifft uns wegen der emotionalen Bindung noch mehr.
Da die weiblichen Sugar Glider genauso wie die Männchen eine sehr strenge Rangfolge untereinander haben kann es vorkommen, dass das Alphaweibchen über Gruppenzuwachs in ihrem Revier entscheidet. Weil eine Empfängnisregulierung nicht möglich ist bleibt ihr nur eins - die Beseitigung der unerwünschten Rivalen. Sie geht an die Beutel der untergeordneten Weibchen und "entleert" diese, wenn es nötig erscheint. Dabei kann sie selbst für ihre Kinder und die Jungtiere anderer Weibchen sehr fürsorglich sein. In kleineren Gruppen geschieht dies recht selten. Sind viele Weibchen in ihrer Gruppe wird es wohl des öfteren vorkommen. Entscheidend sind wie gesagt die Gruppengröße, aber auch der Platz, der den Tieren zur täglichen Verfügung steht (Voliere). Es gibt aber natürlich auch andere Ursachen für den Tod eines Jungtieres. Es kann unterversorgt sein (siehe Nachwuchsbericht und Darmvorsorge) oder schlichtweg krank. Tiere haben keine Hebamme oder einen Kinderarzt, der ihnen zur Seite steht. Natürlich können wir als Halter probieren diese Rolle zu übernehmen, aber den Tieren selber ist das nicht bewusst. Sie sind durchaus in der Lage ein schwaches Jungtier auszumustern, was sich zum Beispiel darin äußert, dass es in der Voliere außerhalb des Nests zurück gelassen wird. Stellen wir so etwas fest hilft oftmals nur eine Handaufzucht.
In all den Jahren mit Sugar Glidern hatte ich dieses Problem - Gott sei dank - erst ein einziges Mal. Zwei meiner Jungtiere waren bei den nächtlichen Ausflügen bereits alleine im Nest, hatten die Augen aber noch geschlossen. Eines nachmittags hörte ich jämmerliches Schreien aus der Voliere. Außen am Nest hing ein völlig verängstigtes Jungtier und brüllte verzweifelt nach seiner Mama. Ich war sprachlos - das passte so überhaupt nicht zu meiner fürsorglichen Glidermutter. Auch vom Rest der Familie regte sich niemand. Vorsichtig dirigierte ich den kleinen Blindgänger wieder Richtung Beutelöffnung, in der er auch verschwand. Um das Jungtier nicht noch mehr zu verschrecken, ließ ich die Bande in Ruhe. Erst etwas später wurde mir klar warum die älteren Tiere und das Jungtier sich so verhalten haben. Und ich kann dem Baby vollkommen nachempfinden, dass es selbst mit geschlossenen Augen die Flucht aus dem Nest angetreten hat.
Unmittelbar nach diesem mysteriösen Zwischenfall wurden zwei der älteren Jungtiere von ihren neuen Haltern abgeholt. Beides Tiere waren Männchen. Als ich sie aus dem Nest nahm machte ich die grausige Entdeckung - beim Tasten im Beutel entdeckte ich "Knüddelchen". Doch statt der erwarteten Nistmaterials hielt ich plötzlich eine blanke kleine Wirbelsäule in den Händen. Für jeden Halter ist dies ein wahrer Albtraum. Ich dachte zuerst das Geschlecht des Babys könne ein Grund gewesen sein, da es ebenfalls männlich war und in der Gruppe eh schon Männerüberschuss herrschte (Thema Gruppenzusammenstellung, deshalb waren die zwei älteren Buben bereits vermittelt). Allerdings bringt die Mutter der beiden seit diesem Zwischenfall nur noch Einzelwürfe zur Welt. Deshalb gehe ich davon aus, dass das Baby unterversorgt war (nicht offensichtlich) bzw. sie mit der Doppelbelastung nicht mehr fertig wurde.
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